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Gedanken zu Karfreitag

Nicht nur Jesus Christus wurde gekreuzigt. Fast jeder Mensch kennt diese Erfahrung in irgendeiner Form aus dem eigenen Leben: Mobbing, Verrat, verletzende Worte, Ablehnung. Wir werden von anderen „gekreuzigt“ oder nageln selbst andere ans Kreuz. Doch wir tragen keine sichtbaren, körperlichen Wunden, sondern seelische. 

 

Wer Augen hat zu sehen, erkennt die Schutzmechanismen, die Menschen aufbauen, um ihre inneren Verletzungen zu verbergen. Masken, Mauern, Schweigen – alles Formen, um nicht zeigen zu müssen, wo es wirklich weh tut.

 

Die fünf Hauptwunden Jesu sind in der christlichen Frömmigkeit als die „Heiligen Wunden“ bekannt. In der Mystik und im Gebet sind sie Orte der Begegnung mit dem leidenden Christus. (Die fünf Hauptwunden Jesu Christi sind die Nägel in beiden Händen, die Nägel in beiden Füßen und die Lanze, die seine Seite durchbohrte.)

 

Im Alltag jedoch sind diese Wunden mehr als Last, als Schutzschild oder als Rechtfertigung für den eigenen Schmerz. Statt Heilung zu suchen, bleibt man oft im eigenen Leiden gefangen und übersieht dabei den Weg, den Christus wirklich gezeigt hat. Statt Heilung zu suchen, kreisen wir oft um die Verletzung, rechtfertigen Bitterkeit, verschließen das Herz. Und dabei übersehen wir den Weg, den Christus uns gezeigt hat: nicht den Weg der Anklage, sondern der Vergebung.

 

Warum also nicht diesen Karfreitag die eigenen Wunden nicht nur betrachten, sondern sie bewusst zum Ausgangspunkt machen, für einen Schritt in Richtung Vergebung? Die Wunden Jesu nicht nur Zeichen des Leidens, sondern auch Zeichen der Liebe, der Öffnung, der Versöhnung ansehen. Vielleicht laden sie uns gerade in ihrer Tiefe ein, das loszulassen, was uns bindet: Groll, Schuld, Scham und damit den Weg freizumachen für das, was heilt:

  • Die Hände: Sie wurden durchbohrt und laden uns heute ein, sie zu öffnen. Um zu vergeben und Vergebung anzunehmen. Nicht die Fäuste zu ballen, sondern die Hände zu reichen.

  • Die Füße: Genagelt ans Kreuz – und doch rufen sie uns, uns auf den Weg zu machen. Auf Menschen zuzugehen, auch auf die, die uns verletzt haben. Schritte der Versöhnung zu wagen.

  • Der Kopf: Gekrönt mit Dornen – ein Sinnbild für all die Gedanken, die uns quälen: Angst, Wut, Selbstverurteilung. Karfreitag lädt uns ein, die Dornenkrone abzulegen und unseren Geist zu befreien.

  • Der Rücken und Körper: Gegeißelt von Soldaten – so wie wir andere oft mit Worten, Urteilen oder Schweigen „geißeln“. In der Wut wünschen wir zurückzuschlagen, zu bestrafen, im Namen der vermeintlichen Gerechtigkeit. Doch am Ende verletzen wir uns selbst.
    (Die Dornenkrone und die Geißelhiebe zählen zu den zusätzlichen Leiden Jesu.)

  • Die Seite: Nachdem Jesus gestorben war, durchbohrte ein Soldat seine Seite mit einer Lanze. Die Kirche sieht darin die Öffnung seines Herzens und das Hervorströmen von Blut und Wasser als Zeichen der Sakramente: Eucharistie und Taufe. Symbolisch, wenn unser Ego stirbt, wenn wir den Groll, den Schmerz, die Wut loslassen, dann fließt das, was unser Herz wirklich ausmacht: Liebe, Mitgefühl und Gnade. Dann erfahren wir eine innere Taufe: ein neues Herz, das nicht mehr aus Stein ist, sondern lebendig.

Karfreitag ist nicht nur eine Erinnerung an ein vergangenes Ereignis. Es ist eine Einladung, unsere eigenen Wunden anzuschauen, nicht mehr zu bluten und Heilung zuzulassen. Am Kreuz endet das alte Leben und ein neues Leben kann beginnen.

 

Möge der Karfreitag uns helfen, ehrlich auf unsere Wunden zu schauen und offen zu werden für das, was heilt.

Einen gesegneten Karfreitag mit Raum für Stille und inneren Wandel!

 

Jesus Lopez


Phönix aus der Asche, Geistheiler Jesus Lopez

Wie Phönix aus der Asche
Aus dem Schmerz wächst neues Leben.
Wo alles verbrannt scheint, glimmt noch ein Funke.
Nicht trotz der Wunden, sondern durch sie hindurch
erhebt sich etwas Neues:
Ein Herz, das vergeben kann.
Ein Geist, der frei ist.
Ein Leben, das sich nicht mehr versteckt.

 

(Gedicht und erster Entwurf für ein Comic-Cover zu The Healer Jesus Lopez.)


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Kommentare: 3
  • #1

    Peregrine (Samstag, 19 April 2025 16:07)

    Danke für diese Gedanken.

    Beim Lesen kamen mir viele Bilder in den Kopf, von Jesus, wie er nicht schlimmer zugerichtet sein konnte, mit so vielen Wunden, unglaublichen Schmerzen, und sich doch hingegeben hat, nicht wissend was ihn erwartet, außer Tod.

    Zeitweise sicher, dass er verlassen wurde.

    In diesen Momenten, in denen es sich anfühlt als ob unser Licht erlischt, oder scheinbar ziellos in der Dunkelheit, dem Schmerz, der Ungerechtigkeit, herumschwirrt, können wir wählen.

    Halten wir fest an dem, was wir für uns selbst als richtig und wichtig und wahr feststellen...

    ...oder erlauben wir der Dunkelheit, dem Schmerz, dem Verrat, der absoluten körperlichen, geistigen, seelischen Erniedrigung eine Aussprache?

    Wenn uns diese Erniedrigungen im Leben begegnen, ist es schwer die Stimme zu erheben.
    Wir ertragen, durchleben, halten aus...

    ...Stille. Stille. Stille.

    Stille, in der Licht und Dunkel tanzen.

    Stille, in der Unsicherheit leben darf, in der Unsicherheit der größte Helfer sein darf.

    Stille, in der das Licht sich beugt und der Dunkelheit Freiheit gibt, um Licht zu definieren.



  • #2

    Petra Gantel (Sonntag, 20 April 2025 15:37)

    So wunderschön und ergreifend. Deine Texte machen einfach immer etwas mit mir.
    @ Peregrine: dein Text ist auch so mitreißend, ich bin ganz beseelt.

  • #3

    Peregrine (Dienstag, 22 April 2025 14:58)

    Dankeschön und das freut mich! Ich komme auch sehr gern her um Inspiration abzuholen und zu teilen.